So, willkommen zurück beim zweiten Teil.
Freut mich, dass du noch hier bist und wissen willst wie meine Trekkingtour durch die wunderbare Landschaft der Allgäuer Hochalpen weiter geht!
Nochmal kurz zur Situation: Über den Allgäuer Jubiläumsweg ging es erst vom Schrecksee über die Bockkarscharte zum Prinz-Luitpold-Haus, von wo ich nun auf dem Weg zum nahegelegenen Himmelecksattel bin.
(Falls du direkt auf diese Seite gelangt bist, geht’s hier nochmal zu Teil 1.)
Und so geht’s weiter:
Nach einer schattigen und vorallem schuttigen Querung zweigt linkerhand bald der Pfad zum Wiedemerkopf (2163 m) ab. Und damit geht mir ein weiterer Gipfel flöten, den ich relativ leicht hätte einsammeln können und dessen Wegbeschreibung wirklich alles andere als langweilig klingt.
Wie dem auch sei. Kurz nach der Abzweigung wird endlich der Blick auf mein heutiges Etappenziel frei.
Nachdem der Sattel über die steilen und gut gangbaren Serpentinen doch schneller als erwartet erreicht ist, steige ich in nördlicher Richtung weiter den Grashang hinauf. Erst unbeschwert zum Himmeleck (2145 m), dann deutlich steiler weiter zum Schneck Vorgipfel (2260), meinem sechsten Gipfel.
Ohne lange mit mir zu ringen versuche ich mich trotz starkem Wind und meiner leichten Abgeschlagenheit sogleich an der extrem ausgesetzten Gratkletterei, T5 (I+), hinauf zum Schneck (2268 m).
Die zehn Meter des ersten Aufschwungs gehen für mich psychisch gerade noch in Ordnung, beim felsigen Übergang zum milderen schrofigen Schlussanstieg muss ich jedoch passen. Meine persönliche Schlüsselstelle. Technisch eigentlich nicht besonders schwer, aber dermaßen ausgesetzt, dass kein Schritt für mich mehr möglich ist. Ein Reitgrat wie aus dem Lehrbuch.
Extrem vorsichtig klettere ich die paar Meter wieder ab und mache mir auf dem Vorgipfel nach dem Nervenkitzel erst einmal einen Jägertopf aus der Tüte, bevor ich das bezaubernde Abendlicht noch für eine ausgiebige Fotosession nutze.
Ein ruhiges Plätzchen für die Nacht suche ich heute vergeblich…
Und ich muss mich wohl oder übel damit zufrieden geben, dass ich am nächsten Morgen einfach nur fertig bin. Aber so ist das nunmal.
Mein weiterer Weg führt mich dem Grenzgänger Weitwanderweg folgend zunächst mehrere hundert Höhenmeter bergab dann im steten Auf und Ab vorbei an den Höllhörnern und dem Hornbachjoch in Richtung Eisseen und Kemptner Hütte.
Etwas oberhalb der Eisseen erblicke ich für heute das erste Licht der Morgensonne. Noch ist es aber zu frisch für mein dringend benötigtes Frühstück. So quäle ich mich zum Seichereck (2044 m) hinauf, einem grasigen Ausläufer dem Rauheckgrats. Ein guter Ort für eine kurze Fotorast.
Steil steige ich weiter auf zum Rauheck (2385 m), meinem siebten Gipfel und höchstem Punkt der heutigen Etappe.
Über eine Stunde verbringe ich hier oben, windgeschützt und wohlig warm, bevor ich mich auf den weiteren Weg über die langgezogen Grasrücken zu meinem achten Gipfel, dem Kreuzeck (2376 m), mache.
Und hier gibt’s noch so viel mehr zu entdecken…
Wie ich erstaunt feststelle, wimmelt es hier oben von Gämsen und Steinböcken. Bei den ganzen Hinterlassenschaften muss man echt aufpassen, nicht auszurutschen. Noch nie zuvor habe ich Steinböcke so nah gesehen, keine zehn Meter vor mir liegen sie haufenweise im Gras und schauen mich seelenruhig an. Angst vor den Menschen haben die hier oben wohl komplett verloren.
Aber so bitter, dass ich nur mein Zeiss Batis 18 mm Ultraweitwinkel dabei habe. Ein Objektiv was aufgrund des extremen Bildwinkels für Tierfotografie wirklich komplett unbrauchbar ist. Sonst hätte ich dir hier noch ein paar der Prachtexemplare zeigen können…
Nach dem Kreuzeck geht es noch ein kurzes Stück auf Gras weiter bis eine unangenehme schuttige Querung unterhalb einiger markanter Felstürme beginnt. Danach wieder steil und stahlseilverichert einige Höhenmeter bergauf zum Fürschießersattel (2218 m).
Von dort sehe ich bereits zu meinem heutigen Nächtigungsplatz, der Kemptner Hütte (1846 m).
Der Weg dorthin geht sich vollkommen unbeschwert und ich freue mich bereits auf die anstehende Jause auf der Hütte. Endlich mal wieder so richtig schlemmen und die Portionen sind riesig. Auch wenn man auf der Kemptner Hütte nicht duschen kann, verhungern wird man hier sicher nicht.
Am späten Nachmittag gönne ich mir noch eine kleine aber feine Verdauungsrunde auf den Muttlerkopf (2368 m), meinen neunten Gipfel. Nur mit der Cam um den Hals marschiere ich los. Zum Sonnenuntergang möchte ich wieder unten bei der Hütte sein.
Nach einer knappen Stunde durch felsiges aber unschwieriges Terrain erreiche ich über den markierten Steig das Gipfelkreuz. Und das Panorama ist gigantisch.
Auf halbem Rückweg zwischen Gipfel und Hütte gönne ich mir eine Pause und genieße das Sonnenuntergangsspektakel für die wenigen Minuten in vollen Zügen. Abgesehen vielleicht von den Dolomiten, habe ich selten zuvor so eindrucksvoll beleuchtete Felszinnen gesehen.
Als ich wieder in der heillos überfüllten Gaststube der Hütte ankomme ist es kurz vor 19.30 Uhr. Gerade recht um noch eine gehörige Portion Wurstsalat abzugreifen, bevor die Küche für heute dicht macht.
Es ist Samstag und mein letzter Tag im Allgäu.
Das Hüttenfrühstück diesen Morgen lasse ich schweren Herzens sausen. Spätestens am Mittag möchte ich unten in Spielmannsau sein und mein zehnter Gipfel wartet ja noch auf mich: Der Große Krottenkopf (2656 m). So marschiere ich pünktlich um 6.30 Uhr aus der Hütte, zum Sonnenaufgang ist es noch eine knappe Dreiviertelstunde.
Zu Anfang auf dem gleichen Weg wie zum Muttlerkopf geht es steil an bis eine kleine Hochebene erreicht ist. Hier biege ich nicht wie gestern gleich links ab sondern bleibe auf dem Weg und marschiere zunächst im leichten Auf und Ab in Richtung Krottenkopfscharte. Im Schuttkegel des Krottenkopfs ist das Vorankommen im weiteren Verlauf dann etwas mühsam, und größere Brocken müssen sogar hin und wieder in unschwieriger Kletterei überwunden werden. Markierungen und Tritthilfen befinden sich hier jedoch zur Genüge.
In der Krottenkopfscharte erreichen mich die ersten Sonnenstrahlen des Tages. Das nervige Stück liegt nun hinter mir.
Ich verstaue die Stöcke im Rucksack, denn jetzt wird Hand angelegt. Wobei es ohne allzu hohen technischen Anforderungen über Platten und Bänder aber im griffigen Fels steil bergauf geht.
Felsstufen können bei korrekter Wegfindung relativ einfach überwunden werden, auch wenn insbesondere im gipfelnahen Bereich natürlich wie immer eine gute Portion Schwindelfreiheit und Trittsicherheit dazugehört. Ein kleiner Balanceakt ist im Schlussgrat ebenfalls enthalten.
Ist das geschafft, wartet ein unglaubliches Gipfelpanorama. Es soll einer der schönsten Ausblicke der Allgäuer Hochalpen überhaupt sein und daran zweifle ich nicht im geringsten.
Für mich ist es gleich doppelt eindrucksvoll.
Von hier oben kann ich meine komplette Route der letzten drei Tage nochmal Schritt für Schritt Revue passieren lassen: Erst der Aufstieg auf das Gaishorn, dann die Umgehung des markanten Rauhhorns, dann Kugelhorn, Glasfelderkopf, Schneck, die Grashügel des Rauh- und Kreuzecks und schließlich den von hier oben so unspektakulären Rundbuckel des Muttlerkopfes weit unter mir.
Egal wohin ich schaue tauchen die Erinnerungen wieder auf. Genau das ist eine der schönsten Facetten am Bergsteigen. Ist man in den Bergen unterwegs kommen die Erinnerungen immer und immer wieder und werden so konserviert.
Und in den anderen Richtung ist es nicht anders. Mir kommt es vor, als hätten wir den Heilbronner Höhenweg erst gestern beschritten. Weiter im Osten meine ich sogar die Dremelspitze in den Lechtalern zu erkennen, die Chris und ich dieses Jahr ja bereits (fast) bestiegen haben…
Gegen 9 Uhr breche ich wieder auf. Ein langer Abstieg ins Tal wartet auf mich, der bis zur Kemptner Hütte ohne besondere Vorkommnisse verläuft. Trotz dem, dass es Samstag ist und absolutes Kaiserwetter herrscht, ist hier oben erstaunlicherweise kaum etwas los.
Dies ändert sich jedoch schlagartig, als ich die Kemptner Hütte hinter mir lasse und den engen Taleinschnitt des Sperrbachs betrete. Nach und nach kommen mir dutzende Menschen entgegen und ich bin froh, dass ich bereits auf dem Weg hinunter bin. Abgesehen davon ist der Sperrbachtobel ein absolut faszinierendes Naturschauspiel.
Durch die dichte Vegetation im Talschlussbereich kämpfe ich mich schließlich ins freie, wo in einigen hundert Metern Entfernung schon bald die kleine Siedlung bei Spielmannsau (992 m) im Trettachtal auf mich wartet. Um kurz nach 12 Uhr erreiche ich die dortige Bushaltstelle.
So viele Gipfel, so viele Eindrücke.
Damit bin ich, auch wenn es sich nach so viel mehr anfühlt, weniger als 72 Stunden in den Bergen der Allgäuer Hochalpen unterwegs gewesen.
Und nächstes Mal vielleicht ausschließlich mit Hüttenübernachtungen, dann sind auch anspruchsvollere Gipfel wie das Rauhhorn, der Hochvogel oder die Mädelegabel drin. Bis ich den Ostgipfel der majestätischen Höfats oder die berühmte Trettachspitze probiere wird sicherlich noch eine längere Zeit vergehen. So wie ich mich schon beim ausgesetzten Hauptgipfel des Schneck angestellt habe…
Das war mein Bericht.
Und ich hoffe sehr, dass du einiges daraus mitnehmen konntest! Dir sollte nun klar sein, dass im Allgäu wirklich für jeden Berg- und/oder Fotografiebegeisterten etwas dabei ist.
Schau dir gerne auch noch meine anderen Beiträge von dieser Gegend an, wenn dir mein Bericht gefallen hat. Und wenn Trekking genau dein Ding ist, dann bist du sicherlich hier gut aufgehoben.
Hast du Fragen oder Anregungen? Oder willst Einzelheiten zur Tour wissen?
Dann immer her damit. Hinterlasse mir unten einfach einen Kommentar oder schreibe mir direkt.
Ich freue mich jetzt schon auf deine Nachricht!