Leute, es ist wieder soweit!
Er ist endlich fertig. Mein neuer Reisebericht.
Schön, dass ihr wieder hier seid!
Seid ihr bereit für die unfassbare Sunnmøre-Hjørundfjord-Region in Norwegen?
(Wer noch mehr wissen will, kann das hier nachlesen.)
Tag 1: Vigra → Barstadvik → Molladalen
Mein Flugzeug landet pünktlich um 16.20 Uhr in Vigra, Ålesund. Es ist wolkenlos.
Es landen hier so wenige Flugzeuge, dass allen Passagieren, die aus dem Terminal kommen, zu jeder Zeit direkt ein Bus zur Verfügung steht. Für kleines Geld bringt er mich direkt in die Innenstadt. Meinen Anschlussbus zum Moa Trafikkterminalen erwische ich auf die Minute. Dort springe ich noch schnell in den großen XXL Sport og Villmark, um eine Gaskartusche zu besorgen. Ohne die geht nämlich gar nichts. 15 Minuten später sitze ich schon im nächsten Bus, der mich nach Barstadvik bringt. Dorthin, wo mein Trip endlich beginnen kann.
Die Bedingungen sind fabelhaft, und die Landschaft ist der Wahnsinn.
Der Weg ist gut markiert. Zunächst geht es steil bergauf durch lichten Mischwald, bis ich zusehends die Baumgrenze erreiche. Die Landschaft wird alpiner, ein paar Mal sind heikle Stellen mit Drahtseilen gesichert. Schnee liegt zum Glück nur noch auf harmlosen Wegstücken.
Um etwa 21.00 Uhr erreiche ich allmählich flacheres Gelände, und ein erster kleiner namenloser See kündigt das berühmte Molladalen an.
Noch etwas weiter und ich erreiche den großartig gelegenen Storevatnet (773 m), das absolute Highlight dieses Tals. Der See ist eingerahmt von mächtigen alpinen Gipfeln, so wie ich es von Norwegen nicht unbedingt erwarten würde. Es herrscht vollkommene Windstille. Und eine Ruhe, die man nur fernab jeglicher Zivilisation findet.
Es vergeht eine gefühlte Ewigkeit, bis ich Kamera und Stativ herauskrame. Ich habe keine Eile, denn dunkel wird es hier im Juni nicht mehr. Die Sonnwende kündigt sich an.
Am Seeufer treffe auf einen Angler, er wohnt in Sæbo (unweit von hier). Nach einem kurzen Smalltalk über das unglaubliche Wetter und die Gegend macht er mir unweigerlich klar, dass Anfang Juni für mein Unterfangen, Teile des anspruchsvollen Hjørundfjorden Rundt – Treks zu gehen, viel zu früh ist. Und das, obwohl der diesjährige Mai der sonnigste und wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gewesen ist.
Der Abend neigt sich dem Ende zu. Die Schatten werden größer, und es wird kühl. Ein Zeltplatz ist schnell gefunden.
Ein letzter Blick in die Richtung, aus der ich heute gekommen bin, verrät mir, was mich morgen früh erwartet. Innerhalb weniger Minuten haben sich dichte Nebelbänke ins Tal geschlichen. Bevor sie mich ganz verschlingen, verrolle ich mich in mein Zelt. Ein faszinierendes Naturschauspiel, und fast ein wenig gruselig.
Tag 2: Molladalen → Grønetinden → Litlekoppvatnet → Urke
Es hat sich ja bereits angedeutet. Keine wärmenden Sonnenstrahlen für mich an meinem ersten Morgen. Die Sicht ist gleich Null.
Ein kurzer Waschgang, dann baue ich mein Zelt ab. Ohne zu frühstücken, marschiere ich los.
Mühsam kämpfe ich mich Höhenmeter für Höhenmeter durch den zähen Nebel. Die Wegmarkierungen habe ich längst verloren. Hauptsache aufwärts, raus aus dem Nebel. Ich wähle den direkten Weg. Es ist unfassbar steil und einige Schneefelder zwingen mich zu äußerster Vorsicht.
Hin und wieder schimmert bereits die Sonne durch den grauen Schleier. Das Molladalsskardet (990 m) ist in Reichweite.
Oben angekommen erschlägt mich ein gewaltiges Panorama. Dort wo eigentlich das nächste Tal und der Fjord sein sollte, ein einziges Nebelmeer. Davon träume ich schon seit Jahren, und nun ist es endlich passiert. Selten habe ich mich in meinem Leben so frei und lebendig gefühlt, wie in diesem Moment!
Einziger Wermutstropfen: ich bereue sofort, hier oben nicht biwakiert zu haben. Live mitzuerleben, wie die Sonne über diesem Nebelmeer aufgeht und die mächtigen Gipfel in ein sanftes goldenes Licht taucht, das wäre es gewesen!
Woher hätte ich aber wissen sollen, dass hier oben gar so viel Platz ist? Und die Bedingungen so unglaublich gut?
Jeder Moment hier oben wird ausgekostet. So etwas kommt so schnell nicht wieder.
Ich breite mein Zeug zum Trocknen aus, frühstücke ausgiebig, mache Fotos und lese sogar ein Stündchen. Der Nebel hält sich zäh, und ich entschließe mich, wenn ich schon mal hier oben bin, auch noch die umliegenden Gipfel mitzunehmen. Ohne Rucksack mache ich mich also auf den Weg zum nächstgelegenen Gipfel, den Grønetinden (1014 m).
20 Minuten später bin ich wieder bei meinem Rucksack und marschiere in die andere Richtung. Die Kraxeleien am Grat machen einen Heidenspaß und ich erreiche nach einer knappen Stunde auch noch den Gipfel des Svinetinden (1125 m).
Endlich zieht sich der Nebel ein Stück zurück und gibt auch die Aussicht auf den Storevatnet und seinen kleinen etwas höher gelegenen Bruder frei.
Steil war es, keine Frage.
Der Weg hinunter ins nächste Tal, dem Ytre Standalen, ist vergleichsweise trist. Recht schnell tauche ich wieder in die dichte Nebelsuppe ein. Um nicht zu viele Höhenmeter zu verlieren, kürze ich die markierte Route ab und gehe einige Kilometer weglos.
Schon bald treffe ich wieder auf den Weg und es geht, immer am Fluss entlang, gemächlich bergauf zum Litlekoppvatnet (707 m). Der Nebel hat sich aufgelöst.
Da der eigentliche „Weg“ (den dieses Jahr noch kein einziger Mensch gegangen ist) auf der linken Seite des Sees durch einige abschüssige Schneefelder verläuft, entscheide ich mich für den Südhang. Alle paar Minuten höre ich irgendwo um mich herum ein Schneefeld abrutschen. Kein Wunder, laut meiner Uhr hat es über 25°C und die Mittagssonne tut ihr Übriges. Ich schwitze wie sonst was.
Und wie so oft schafft es Norwegen ein weiteres Mal, mir meine persönlichen Grenzen aufzuzeigen.
Als ich die nordseitig ausgerichtete, mit dicken Eisenketten gesicherte Schlüsselstelle sehe, bleibe ich stehen und überlege ob sich ein Weitergehen lohnt. Der eigentliche, sehr steile Aufstieg zum Kvanndalsskardet (1025 m) ist im Moment ein einziger Wasserfall und ich breche hier ab. Das wird mir zu heiß.
Bevor ich mir meinen wohlverdienten Nachmittagssnack zubereite, gehe ich zurück zum See und nehme erstmal ein ordentliches Bad.
Jeder, der mich besser kennt, weiß, dass ich eigentlich ziemlich zimperlich bin, was das Baden in Gebirgsseen angeht, aber heute ist es echt bitter nötig…
Nach alledem, was ich heute bereits erlebt habe, verläuft der Weg zurück bis zum kleinen Örtchen Ytre Standal ohne besondere Highlights. Bis auf eine Ausnahme vielleicht: der Blick über die schnuckelige Alm Haugen auf den gewaltigen Hjørundfjord. Es ist ein sehr beliebtes Fotomotiv, und auch ein kleines Trostpflaster für meine ungeplante Umkehr.
Der anschließende 5-km-Marsch auf der Straße nach Store Standal ist pure Quälerei. Kein einziges Auto weit und breit. Niemand, der mich mitnehmen kann.
Auf halbem Weg sehe ich die Fähre, die über Trandal und Sæbo nach Leknes übersetzt. Drei Mal fährt sie am Tag und mir wird direkt klar, dass ich wohl in Store Standal einige Stunden absitzen und auf die Abendfähre warten muss. Ich esse zu Abend, lese und denke über die nächsten Tage nach.
Eine gute Seite hat sie allerdings, die Abendfähre. Insgesamt verbringe ich eine knappe Stunde auf dem Fjord, und das goldene Licht ist einfach nur magisch.
Um kurz vor 22.00 Uhr erreiche ich Leknes, nach Urke sind es nur noch wenige Kilometer. Ein Campingplatz kommt jetzt gerade recht!
Tag 3: Saksa & Leknesnakken
Alles was an diesem grandiosen Tag passiert, kannst du bei Belieben in diesem Beitrag nachlesen.
Schau hier bitte unbedingt rein!
Nicht verpassen! Du wirst es nicht bereuen!
Unter anderem ist das folgende Panorama dabei entstanden…
Es sollte vorerst dabei helfen, das was ich schreibe, ein bisschen besser einordnen zu können.
Tag 4: Urke → Isavatnet → Slogen → Patchellhytta
Am nächsten Morgen lasse ich mir viel Zeit. Ähnlich wie vorgestern, hält sich der Nebel auch heute wieder sehr lange. Und als um 11.00 Uhr immer noch keine Besserung in Sicht ist, breche ich auf.
Für heute habe ich mir zum Ziel gesetzt, den Isavatnet (873 m) zu erreichen und dort zu nächtigen. Als Stützpunkt für den morgigen hochalpinen Gipfel des Slogen (1564 m). Das war zumindest der Plan.
Die Hoffnung, dass sich der Nebel auflöst, habe ich aufgegeben. Es ist einfach zu kalt. Das Langsæterdalen ist schnell durchquert, viel zu sehen gibt es heute nicht. Bereits um 14.00 Uhr erreiche ich mein Etappenziel, und mir wird recht schnell klar, dass ich bei dem eisigen Nordwind nicht den kompletten restlichen Tag hier absitzen kann. Immerhin bin ich über dem Nebel. Gerade so.
Der weitere Weg zur Patchellhytta (818 m) ist nicht weiter schwer, aber sehr schneereich. Als ich auf der anderen Seite des Passes (1025 m) wieder in den Nebel eintauche, ist Orientierungssinn gefragt. Schnee und Nebel ist eine fiese Kombi.
Völlig aus dem Nichts taucht die Hütte vor mir auf. Ich trete ein und lege mein Zeug ab…
Wenn du wissen willst, wie es weiter geht, kann ich dir nur ans Herz legen, es in diesem Beitrag nachzulesen!
Auch der Besteigung des mächtigen Slogen möchte ich nämlich einen eigenen Artikel widmen.
Tag 5: Patchellhytta → Øye → Ørsta
Es musste ja so kommen. Mir geht es hundeelend, und ich bekomme keinen einzigen Bissen herunter. Gestern habe ich es echt übertrieben.
Ich baue mein Zelt ab und mache mich durch den, wiedermal, dichten Nebel langsam auf den Weg. Immer talabwärts in Richtung Øye, einer kleinen, hübschen Ortschaft am Ende des Norangsfjords, dem Seitenarm vom Hjørundfjord.
Es wird steiler und steiler und ich frage mich, ob heute wirklich ein Ruhetag wird, so wie ich es eigentlich angenommen hatte. Ohne meine Stöcke wäre ich bei der Last auf dem Rücken dort nicht heil heruntergekommen, da bin ich mir absolut sicher. Auf knapp zwei Kilometern Distanz wird hier ein Höhenunterschied von über 700 Metern überwunden, und es ist matschig ohne Ende.
Ein ewig langer Hatscher wartet auf mich. Ich muss zurück nach Leknes. Kein einziges Auto ist in Sicht, eine Fähre gibt es nicht und Busse schon gar nicht. Der Tiefpunkt meines Trips ist erreicht. Wenigstens klart der Himmel auf und hin und wieder erwischt mich sogar ein warmer Sonnenstrahl.
Schön ist es hier natürlich trotzdem, keine Frage. Aber ich brauche dringend Erholung.
Als ich Sæbo per Fähre erreiche, wartet dort bereits der Bus nach Ørsta, in dieser Region die nächst größere Stadt nach Ålesund und wunderschön am Ørstafjorden gelegen.
Den restlichen Tag verbringe ich mit Essen und Lesen. Der Hunger ist zum Glück zurückgekehrt.
Tag 6: Die Hausberge Ørstas
Einer der Gründe, warum ich Ørsta angepeilt habe, war, dass das Wetter dort eigentlich hätte sehr gut sein sollen. Kein Regen, aber bedeckt ist es. Keine Chance auf Sonne. Der Gipfel, den ich ursprünglich für heute eingeplant hatte, das Saudehornet (1303 m), ist vollkommen wolkenverhangen und eine Besteigung lohnt sich beim besten Willen nicht.
Die Tour auf den Hausberg Ørstas, Okla (610 m), für die ich mich letztendlich entschieden habe, ist nicht wirklich der Rede wert. Da ich noch Zeit habe, nehme ich die umliegenden Gipfel, Melshornet (807 m), Vardehornet (595 m) und Niven (560 m), auch noch mit. Wenn ich schon mal da bin.
Etwa eine Stunde nachdem ich wieder beim Campingplatz angekommen bin, zeigt sich von Norden her mehr und mehr blauer Himmel und ich schöpfe Hoffnung, ein letztes Mal einen schönen Sonnenuntergang am Fjord miterleben zu dürfen. Ich warte deshalb noch etwas ab und breche schließlich gegen 22.00 Uhr noch einmal in Richtung Okla auf.
Und siehe da, die Sonne schafft es tatsächlich!
Ein spektakuläres Ambiente stellt sich ein und ich freue mich, dass ich diese letzte Chance noch genutzt habe.
Tag 7: Ørsta → Ålesund → Vigra
Knappe 90 Minuten braucht der Bus von Ørsta ins Zentrum von Ålesund. Bevor mein Flieger geht habe ich noch ein paar Stunden Zeit, um ein wenig durch die Innenstadt zu schlendern und noch einmal den Aksla (189 m), den Hausberg Ålesunds, zu besteigen.
Mit meinem riesigen Rucksack zwänge ich mich durch die Touristenmassen. Nicht besonders schön, aber der Blick auf die Stadt dafür umso mehr.
Ein guter Abschluss.
Fazit zum Hjørundfjord und seinen Traumgipfeln:
Die Gegend rund um den Hjørundfjord ist einfach der Wahnsinn.
Wer nicht komplett in der Wildnis unterwegs sein will, sondern auch gerne mal andere Menschen treffen und vor allem alpine Gipfel besteigen oder erklettern will, der kommt um die Sunnmøre Alpen nicht herum.
Auch wenn ich nicht unbedingt das geschafft habe, was ich mir ursprünglich vorgenommen hatte, bin ich sehr froh einen ersten, tiefergehenden Einblick von der Region bekommen zu haben.
Meine genaue Route könnt ihr euch wie immer hier (Turkart von ut.no) noch einmal anschauen.
Hat dir der Artikel gefallen? Dann ist ziemlich sicher auch mein Beitrag über den Sjunkhatten Nationalpark etwas für dich!
Keine Lust auf das kalte und regnerische Norwegen? Dann schau dir diesen Artikel über meinen Trek im Alpenraum an!
Bei Fragen oder Anregungen freue ich mich wie immer über einen Kommentar oder eine PM.
Lass es mich auf jeden Fall wissen, wenn ich dir mit deiner Planung in irgendeiner Weise helfen kann!