Es war nur eine Frage der Zeit, bis es das nächste Mal passierte…
Dass Gipfel sammeln im Allgäu einen Heidenspaß macht, wusste ich ja bereits. Aber das was sich die letzten Tage auf meiner durchaus ambitionierten Solo-Trekkingtour durch die Allgäuer Hochalpen abspielte, übertraf dann wirklich noch einmal alles.
Die faszinierende Berglandschaft des Allgäus hat mich mal wieder geschnappt und ganze 72 Stunden später wieder ausgespuckt. Mit zehn Gipfeln fürs Gipfelbuch und einem ganzen Haufen Impressionen in der Tasche.
Die Eckdaten meines 4-tägigen Treks durch die Allgäuer Hochalpen:
Hauptgipfel: Gaishorn, Kugelhorn, Lahnerkopf, Glasfelderkopf, Schneck, Krottenkopf
Nebengipfel: Knappenkopf, Rauheck, Kreuzeck, Muttlerkopf
Startpunkt: Hotel Grüner Hut (870 m) in Hinterstein
Ziel: Spielmannsau (992 m) im Trettachtal bei Oberstdorf
Länge & Höhenmeter: ca. 60 km, ca. 5600 HM im Auf- und Abstieg
Einkehr & Übernachtung: Willersalpe, Prinz-Luitpold-Haus, Kemptner Hütte
Anspruch: T4, I-, konditionell teilweise sehr anspruchsvoll, technisch mittelschwer
(Bitte beachten bei der Tourenplanung: Die Höhenmeterangaben bei Komoot sind nicht korrekt.)
Die Tour sollte das letzte Puzzleteil sein, was mir von den Allgäuer Hochalpen rund um Bad Hindelang und Oberstdorf noch fehlte.
Mit Chris hatte ich letztes Jahr ja bereits den berüchtigten Heilbronner Höhenweg mit zahlreichen umliegenden Gipfeln hinter mir gelassen. Zwei weitere Jahr zuvor hatten Tobi und ich – natürlich damals noch nicht ahnend wie schön diese Gegend tatsächlich ist – die legendäre Überschreitung vom Nebelhorn über den Großen und Kleinen Daumen, die Hohen Gänge und die Heubatspitze bis nach Hinterstein gemacht.
Genau so, dass für dieses Jahr noch ein längeres Teilstück übrig blieb, um die fantastische Runde komplett zu machen.
Und so geht’s los:
Mein Trek startet Mittwoch um 12.45 Uhr an der Bushaltestelle vor dem Bergsteigerhotel Grüner Hut in Hinterstein (870 m).
Direkt hinter dem Hotel befindet sich sogleich der Einstieg. Und steil geht es bergauf. Vorbei an der bewirteten Alm auf der Willersalpe (1456 m), steige ich auf in Richtung der Vorderen Schafwanne (2060 m), bis mich der Nebel komplett verschluckt.
Ich bin aber zuversichtlich. Der Nebel und die Restwolken werden sich bald verziehen, und im Moment bin ich noch ganz froh, dass es beim Aufstieg nicht so warm ist.
Auf gut ausgetretenem und markiertem Weg erreiche ich bald die Scharte. Und siehe da, der Nebel lichtet sich und ermöglicht mir das erste Mal den Ausblick auf das Gaishorn (2247 m), das unweit vor mir in den Himmel ragt.
Den dicken Rucksack an der Scharte zurücklassend, spurte ich kurzerhand die wenigen übrigen Höhenmeter an der östlichen Flanke des Berges hinauf. Diesen einfachen Gipfel möchte ich mir ungern entgehen lassen. In wenigen Minuten habe ich Gipfel Nummer eins in der Tasche.
Mein weiterer Weg führt mich zunächst mehrere hundert Höhenmeter bergab, vorbei am schroffen Gipfelaufbau des Rauhhorns (2240 m). Angesichts der klettertechnischen Schwierigkeiten der Überschreitung (II. Grad nach UIAA) lasse ich diesen Gipfel aus und mache mich sodann auf den Weg zur Hinteren Schafwanne (1956 m) auf der anderen Seite des Rauhhorns.
Hier ertappe ich mich bei dem irren Gedanken auch hier meinen Rucksack liegen zu lassen und den Aufstieg auf das Rauhhorn zu wagen, verwerfe es aber jedoch sogleich wieder. Mit bereits über 1600 Höhenmetern in den Beinen lasse ich mich heute nicht mehr auf solche Sperenzien ein. Ein andermal bestimmt.
Das Kugelhorn (2126 m), mein zweiter Gipfel, wartet bereits auf mich. Ich verlasse sodann den markierten Wanderweg und steige auf einem einigermaßen erkenntlichen Pfad durch recht schottrige Bänder, aber nie wirklich schwierig oder ausgesetzt, den nordwestlichen Grat hinauf zum hölzernen Gipfelkreuz. Mit einem gigantischen Ausblick auf den Schrecksee, den Vilsalpsee und die schroffen Gipfel der Allgäuer Hochalpen, des Wettersteins und der Tannheimer Kette.
Die Nacht verbringe ich am Gipfel.
Mein Biwakzeug und ein wenig Verpflegung habe ich so spät in der Saison natürlich immer dabei. Denn einige Hütten haben sich auch hier in der Gegend schon in den wohl verdienten Winterurlaub verabschiedet.
Der nächste Morgen ist nicht minder spektakulär als der letzte Abend. Schon früh bin ich auf den Beinen und versuche ein paar gute Motive vom Sonnenaufgang einzufangen.
Auf kaum erkennbaren Spuren durch das hüfthohe Gras führt mich mein weiterer Weg den Kamm entlang zum Gipfel des Knappenkopfs (2071 m), meinem dritten Gipfel. Anschließend sehr steil und auf schmalem Grat hinab zum Kirchendachsattel (1927 m), den herrlich leuchtenden Schrecksee immer im Blickfeld. Absolute Schwindelfreiheit und Trittsicherheit sind bei dieser Variante unabdingbar.
Am See tendenziell oben haltend steige ich auf zum Schreckenjöchle (1988 m). Das schöne Gipfelkreuz des Lahnerkopfs (2122 m) hoch über mir macht mir unweigerlich klar, dass ich mir meinen vierten Gipfel ebenfalls nicht entgehen lassen kann. Hin und wieder undeutlichen Pfadspuren folgend steige ich halb gehend, halb kraxelnd durch die schrofige Nordostflanke auf. Kurz vor dem Gipfel wähle ich einen ungeschickten Zustieg zum Kreuz und verwickele mich in leichte Kletterei, I.
Andere Wege sind womöglich leichter.
Nachdem es oben doch einigermaßen zugig ist, verschiebe ich mein Frühstück auf das Jöchle und mache es mir dort gemütlich. Wobei ein obligatorisches Foto von meinem Lieblingskocher natürlich nicht fehlen darf. Aus welchen Gründen auch immer habe ich mir angewöhnt das erste sonnige Bergfrühstück auf Tour immer ganz genau zu dokumentieren. Das ist irgendwie jedes Mal ein Highlight.
In der warmen Morgensonne lasse ich mir viel Zeit, viel schöner kann es kaum werden.
Dem Jubiläumsweg (hier mehr dazu) weiter in Richtung des Prinz-Luitpold-Hauses folgend, bewege ich im nächsten längeren Streckenabschnitt nahezu konstant auf einer Höhe von 1800-1900 m und quere nur wenige hundert Höhenmeter unterhalb der Gipfelaufbauten zahlreiche Bergflanken auf südöstlicher Seite. Hin und wieder denke ich darüber nach, einen Abstecher einzulegen, fokussiere mich aber dann doch auf die Berge, die über zumindest halbwegs erkennbare Wege zu erreichen sind.
Der letzte größere Anstieg des Jubi-Wegs führt mich teils auf Schutt, teils auf gut gestuftem Fels unschwierig die Bockkarscharte (2164 m) hinauf.
Da ich noch einigermaßen fit bin, lasse ich mein Gepäck beim riesigen Steinmann auf der Scharte zurück und trete den kurzen Abstecher auf den Glasfelderkopf (2270 m) an. Bis auf eine kleine, recht ausgesetzte Stelle knapp unterhalb des Gipfels eine unschwierige Sache. Mein fünfter Gipfel.
Von der Bockkarscharte sieht man nach Westen schauend bereits das absolut schön gelegene Prinz-Luitpold-Haus (1846 m).
Leider wusste ich bereits vorab, dass aufgrund eines verfrühten Saisonendes eine Einkehr hier nicht mehr möglich sein wird. Trotzdem verbringe ich hier bei großartigem Bergpanorama noch eine Weile am kleinen Bergsee neben der Hütte.
Ich bin ein wenig traurig, dass es sich aus einem Mix aus konditionellen, zeitlichen und logistischen Gründen nicht mehr ausgeht, die nahegelegene Felspyramide des Hochvogels (2592 m) zu besteigen. Er wäre durch seine zentrale Lage der ideale Aussichtsberg für meine Tour gewesen. Auch auf die kurzen, hauptsächlich versicherten Kraxeleinheiten zum Gipfel hätte ich durchaus Lust gehabt (mehr dazu gibt’s hier).
Aber alles auf einmal geht halt auch einfach nicht…
Und so geht’s weiter:
Ein Wegweiser deutet mir den Weg bis zu meinem nächsten Etappenziel, dem Himmelecksattel (2007 m).
Heute ist als Ausgleich für den Hochvogel noch Großes geplant.
Was genau, erfährst du natürlich im zweiten Teil meines Berichts.