Tromsø ist eine der derzeitig angesagtesten Städte Norwegens – und das nicht nur aufgrund des vielfältigen Outdoorangebots.
Die Berge sind nah, die Landschaft einmalig. Im Sommer und im Winter.
Es wird Zeit für mein nächstes Abenteuer.
Tromsø. Die Stadt, die boomt.
Studenten aus ganz Europa interessieren sich für die nördlichste Universität der Welt, Arbeit gibt es reichlich und die Zuwanderung ist groß.
Tromsø zeichnet sich aus durch sein extrem junges Durchschnittsalter und das breitgefächerte kulturelle Angebot. Seine Lage, inmitten der beeindruckenden arktischen Fjordlandschaft, ist dafür sicherlich ein entscheidender Faktor.
Obwohl sich die Stadt bereits weit über dem nördlichen Polarkreis befindet, ist es dort nicht so kalt wie man es sich vielleicht vorstellen könnte. Dank des warmen Golfstroms im Atlantik sind die Winter absolut erträglich und besonders schneereich. Mit bis zu 30°C können aber auch die Sommer locker mit denen Mitteleuropas mithalten.
Mitternachtssonne und Nordlichter inklusive.
(Nochmal zur Erinnerung: Hier geht’s zu Teil 1 und Teil 2 meines umfangreichen Nordnorwegenberichts.)
Tag 11: Die Ankunft in Tromsø
Die Strecke vom Campingplatz bis zur nächsten Bushaltestelle an der E6 lege ich im Laufschritt zurück. Ich bin spät dran. Die Sonne hat es noch nicht ganz über die umliegenden Gipfel geschafft, von Wolken keine Spur.
Der Bus nach Narvik (etwa auf halber Strecke zwischen Fauske und Tromsø) bleibt direkt auf der Hauptstraße stehen und ich springe rasch hinein. Eine klassische Bushaltestelle gibt es hier nicht.
Die vier Stunden im Bus vergehen wie im Flug. Bus fahren in Norwegen ist für mich immer ein besonderes Highlight. Es ist warm, man hat genug Beinfreiheit und draußen zieht die atemberaubende Fjordlandschaft an einem vorbei. Zudem ist es für Studenten wirklich unglaublich billig. Für den kompletten Tag – das heißt, knappe neun Stunden – zahle ich umgerechnet nur etwa 25 Euro. Nach einer einstündigen Pause in Narvik mache ich es mir im Anschlussbus wieder bequem, bis oben hin eingedeckt mit norwegischen Köstlichkeiten. Es wird höchste Zeit meine Kalorienbilanz mal wieder auf Vordermann zu bringen.
Draußen ziehen die immer lichter werdenden Wälder an mir vorbei. Es geht durch tiefe Täler und über hohe Pässe, mit spektakulären Ausblicken. Das goldene Licht der untergehenden Sonne verleiht der Landschaft einen Charme, dem ich vollkommen erliege. Zum Fotografieren komme ich nicht, ich schaue nur. Wie in Trance. Heute hat sich keine einzige Wolke mehr gezeigt.
Es ist bereits dunkel geworden, als wir das Zentrum von Tromsø erreichen. Bis zum Campingplatz ist es nur ein kurzer Hatscher. Mein nächstes Abenteuer durch die Hausberge Tromsøs kann kommen. Und dieses Mal werde ich auch Nordlichter sehen.
Den restlichen Abend verbringe ich mit ein paar Anderen in der geräumigen Gemeinschaftsküche. Fast alle sind auf dem Weg zum Nordkap, oder kommen gerade von dort zurück. Einigen gefällt es hier so gut, dass sie sich bereits nach einer längerfristigen Arbeitsstelle erkundigt haben. Diese Stadt lässt einen nicht mehr so leicht vom Haken, wenn man einmal hier gewesen ist.
Tag 12: Der lange Weg durch’s arktische Fjell
Wie immer breche ich früh auf. Es ist bewölkt, die Regenwahrscheinlichkeit gering. Zunächst führt mich meine Route durch das herbstlich schimmernde Tromsdalen, immer leicht bergauf. Die Vegetation verschwindet zusehends. Arktische Tundra, so weit das Auge reicht.
Nach den anfänglichen 600 Höhenmetern verläuft es nunmehr weitestgehend im sanften Auf und Ab bis zu meinem ersten Zwischenziel, der Skarvassbu. Hier verbringe ich meine Mittagspause in der unwirtlichen Steinwüste und nehme bald die nächsten zehn Kilometer in Angriff, die mich von der Nonsbu trennt.
Mein Blick schweift immer wieder in die Ferne. Die endlosen Weiten sind kaum zu begreifen. Wie winzig klein ich doch bin. Gedankenverloren bahne ich mir meinen weiteren Weg.
Schon von weitem sehe ich einige Norweger, die es sich im Sonnenschein vor der Hütte bereits gemütlich gemacht haben. Als ich dazu stoße wird mir direkt ein Bierchen angeboten und ich habe keine andere Wahl als es anzunehmen. Wir unterhalten uns einige Zeit in einem Gemisch aus norwegisch und englisch.
In der Hütte ist tatsächlich noch genau eines der acht Betten für mich frei. Ich trage mich direkt ins Gästebuch ein, obligatorisch. Die umgerechnet sechs Euro Übernachtungsgebühr (für Studenten) werfe ich in einen kleinen safeartigen Briefkasten. Gegen Abend kommen noch zwei weitere Grüppchen an und es wird schön kuschlig in der Hütte. Viel Platz ist nicht mehr. Einige müssen diese Nacht wohl auf dem Fußboden schlafen.
Bei Kerzenschein, allerlei Schokolade und einer Runde Uno lassen wir den Abend ganz gemütlich ausklingen. Mit so viel Geselligkeit hätte ich nach diesem Tag in der völligen Einöde tatsächlich auch nicht mehr gerechnet.
Tag 13: Gipfelglück
Die Nacht war endlich mal wieder so richtig erholsam. Der Himmel ist klar und ich freue mich auf die heutige Etappe.
Während ich frühstücke überlege ich, wie ich den Tag am besten nutzen könnte. Gestern wurde mir gesagt, dass ich unbedingt noch den Gipfel des Nonstinden (1113 m) mitnehmen solle. Er biete wohl einen der schönsten Ausblicke in der ganzen Region.
Da ich noch drei Tage bis zu meiner Abreise zu füllen habe, starte ich den Versuch. Obwohl ich weiß, dass 900 weglose Höhenmeter mit meinem dicken Rucksack kein Zuckerschlecken ist. Als ich mich von allen verabschiede, wird mir ein DNT-Schlüssel in die Hand gedrückt. Ich solle ihn doch, wenn ich zurück in Tromsø bin, einfach bei der Tourist Information abgeben. Ich kann es kaum fassen, eine weitere Nacht einer gemütlichen Hütte ist gebongt.
Bis zum Fuß des Berges ist das Gelände noch flach und einsichtig. Und ich merke, dass ich seit einiger Zeit von einer kleinen Gruppe Rentiere verfolgt werde.
Die letzten paar hundert Höhenmeter sind hart und ich befinde mich meist im anaeroben Zustand. Es ist steil und der Wind hat ordentlich zugelegt.
Als ich endlich den Gipfel erreiche, breitet sich vor mir ein fantastisches Panorama aus: Gletscher, Fjorde und tiefblaue Seen in jeder Himmelsrichtung. In weiter Ferne die immer noch teils schneebedeckten, schroffen und alpenähnlichen Gipfel der Lyngenalpene. Der schmale Grat, auf dem ich hergekommen bin, und der tiefe, fast senkrechte Abgrund hinunter zum Trollvatnet. Einfach nur gut.
Der Abstecher hat sich mal gelohnt.
Im Windschatten des Steinmandls gönne ich mir meinen Nachmittagssnack und genieße für eine Weile das Panorama.
Eigentlich hatte ich ja vor eine Rundtour zu gehen. Aber nachdem ich gesehen habe wie steil der Grat auf der anderen Seite wirklich ist, habe ich das bei den Windverhältnissen schnell wieder verworfen.
Die Nacht verbringe komplett alleine in der Hütte. Ich nutze die einzigartige Chance und stelle mir einen Wecker auf Punkt Mitternacht. Heute sollen Nordlichter zu sehen sein. Und das will ich mir nicht entgehen lassen.
Und so kommt es auch. Noch nie zuvor habe ich sie so stark gesehen. In grün und weiß erleuchten sie den kompletten Nachthimmel. Obwohl es auch diese Nacht wieder einige Grad unter Null hat, verweile ich noch etwa eine halbe Stunde draußen und genieße das Naturspektakel. Kein künstliches Licht, weit und breit.
Nordlichter in der völligen Abgeschiedenheit, so habe ich mir das vorgestellt! Endlich!
[Nachtrag 2020: Die Fotos waren leider völlig unbrauchbar. Kein Stativ, nur ein Kit-Objektiv. Das kann nicht funktionieren. Etwas bessere Fotos von Nordlichtern in Norwegen habe ich hier gemacht.]
Tag 14: Der letzte Tag in der Wildnis
Heute habe ich mir zum Ziel gesetzt nach Oldervik zu laufen und von dort zurück nach Tromsø zu trampen. Langsam bin ich bereit, meinen Trip zu Ende gehen zu lassen.
Nach erneuten 20 Kilometern Fußmarsch komme ich ziemlich geschafft in Oldervik an. Ich erwische genau den Bus und als ich in Tromsø ankomme, hänge noch einen kurzen, finalen Rundgang durch die Innenstadt an.
Das Stadtbild (zusammengesetzt aus Ishavskatedrale, dem Hausberg und der gewaltigen Brücke, die beide Seiten verbindet) ist von der Uferpromenade aus auch im Herbst schön anzusehen. Während meines Auslandsemesters hatte ich letztes Jahr ja schon die Chance, Tromsø im schneereichen Frühling zu erleben.
Die letzte Nacht verbringe ich am Flughafen. Mein Flieger geht früh.
[Eine Info für jeden, der es gerne mal ausprobieren will. Hier kann man übrigens einiges über kostengünstige Übernachtsmöglichkeiten in Flughäfen herausfinden, wen’s interessiert. Fand ich klasse die Seite.]
Und hier ist nochmal der Ausschnitt der Karte (wie immer bereitgestellt durch ut.no), der meine gewählte Route durch die Tromsfjellene zeigt.
Fazit zum Trekking in den Tromsfjellene:
Die Landschaft hier oben hat einen ganz besonderen Charme. Es ist karg, klar. Aber auch eindrucksvoll. Und der Ausblick vom Nonstinden war sowieso spitzenklasse. Insgesamt haben mir jedoch die beiden Nationalparks aus Teil 1 und Teil 2 etwas besser gefallen. Tromsø selbst ist superb. Das geht immer.
Ich kann mir vorstellen, dass es im Winter in den Höhenlagen um die Stadt unglaublich schön ist mit Backcountry Skiern unterwegs zu sein. Die Hütten kann man ja das ganze Jahr lang aufsuchen.
[Nachtrag 2020: Im Winter ist es absoluter Wahnsinn hier! Nach einer Woche Skitouring in Lyngen, kann ich mir keine schöneren Winterlandschaften mehr vorstellen.]
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