Seitdem ich vom Gipfel der Seekarspitze am wunderbaren Achensee das erste Mal den schier endlosen, grasigen Grat zwischen der Sonntagsspitze und der Hohen Gans erspäht habe, steht vor allem die Schreckenspitze als höchster Gipfel dieses Kamms auf meiner wohl niemals endenden To-Hike-Liste.
Hätte ich vorher schon um die Einmaligkeit dieser legendären Gratwanderung gewusst, glaub’ mir, dann hätte ich sie mir schon längst vorgenommen!
Was die Besteigung der Schreckenspitze allerdings umsetzungstechnisch etwas kniffliger macht, sind allem voran zwei Dinge. Erstens, die Tour ist streckentechnisch ziemlich lang und daher eigentlich in erster Linie als Bike & Hike Tour über den Gröbner Hals zu empfehlen (ein zwecktaugliches Rad hatte ich bis Mitte 2020 tatsächlich nicht). Und zweitens, die Tour sollte ausschließlich bei absolut trockenen Verhältnissen durchgeführt werden.
Die Eckdaten der Bike & Hike Tour in aller Kürze:
Gipfel: Sonntagsspitze (1923 m), Moosenspitze (1985 m), Schreckenspitze (2023 m)
Anspruch: T4+, I-, konditionell und technisch anspruchsvoll, ausgesetzte Gratpassagen
Länge & Höhenmeter: 17,3 km, ca. 1150 HM im Auf- und Abstieg, ca. 4-5 Stunden
Startpunkt: Parkplatz Seealm Achenkirch (940 m), Christlumsiedlung
Einkehr: Gröbenalm (1540 m), unbedingt vorher erkundigen
Und genau im (gefühlten) Regenjahr 2021 sollte es für mich dann endlich so weit sein. Just an dem Tag als Tief Bernd anfing den Nordwesten Deutschlands und andere Teile Europas unter Wasser zu setzen (Quelle: Wikipedia). Geplant und umgesetzt als – zu neudeutsch – chilliger after-work-bike-and-hike Sundowner.
Mit dem Bike im Kofferraum erreiche ich gegen 17.00 Uhr den Parkplatz Seealm/Christlumsiedlung in Achenkirch, wo sodann auch schon die wilde Strampelei beginnt.
Es musste ja so kommen: Die Schotterpiste zieht sich wie Kaugummi. Anfangs fast eben, steilt sich der Forstweg nach und nach auf, bis ich einige hundert Meter vor der Gröbenalm absteigen muss und das Rad bei einer kleinen Holzhütte abstelle. Die Oberschenkel brennen, und ich freue mich auf den kurzen vor mir liegenden Fußmarsch zum Gröbner Hals (1660 m), meinem ersten Etappenziel:
Nach einer kleinen Stärkung in Form eines lächerlich mickrigen Schokoriegels mache ich auf den Weg zur Sonntagsspitze (manchmal auch Zunterspitze genannt), meinem zweiten Etappenziel.
Von nun an geht es im Zickzack und ordentlicher Steilheit den grasigen Rücken empor. Nur selten treten Felsen hervor, die technischen Schwierigkeiten halten sich in Grenzen. Die Schlüsselstelle, wenn man so will, eine treppenähnliche, seilversicherte Passage ist schnell erreicht und noch schneller überwunden. Schwindelfreiheit und Trittsicherheit sind trotzdem absolute Grundvoraussetzungen für die Tour.
Um 19.00 Uhr stehe am Gipfel der Sonntagsspitze.
Etwas zu früh für ein Sonnenuntergangsshooting, daher lasse ich mir viel Zeit und genieße das traumhafte Panorama über die markantesten Gipfel des Vorkarwendels: Demeljoch, Juifen, Mondscheinspitze sowie Seekar- und Seebergspitze.
Genüsslich schlendere ich in Richtung Schreckenspitze und erreiche bald den unauffälligen Zwischengipfel, die Moosenspitze. Es ist nach wie vor sommerlich warm und ich habe absolut keine Eile.
Ein kurzer Blick zurück:
Nach der Moosenspitze wird es merklich anspruchsvoller, der Grat schmaler und die Hänge auf beiden Seiten abschüssiger.
Die kurze Felspassage kurz vor dem Gipfel der Schreckenspitze kann etwa einen Meter unterhalb, wenn auch sehr unangenehm schräg umlaufen werden. Oben sollte jetzt jeder Tritt sitzen.
Was für eine hammerstarke Tour und was für ein Blick!
Als ich den Gipfel der Schreckenspitze erreiche, ist die Sonne bereits hinter den ersten hohen Wolkenschleiern verschwunden, die sich rasch aus Westen nähern und einen baldigen Wetterumschwung verkünden. Ich bin trotzdem froh, ich habe einige gute Shots im Kasten.
Ein paar Minütchen gebe ich mir noch, bis ich den Weg zurück antrete.
Tatsächlich hatte ich mir bei der Vorbereitung auf die Tour noch einen Bericht durchgelesen, dessen Autor den von nun an weglosen Grat bis zur Hohen Gans (1950 m) weitergelaufen ist. Angeblich wartet der weitere Gratverlauf mit ein paar wenigen Kletterstellen bis zum II. Grad auf, Wegfindung im Latschendickicht inklusive. Möglich, dass ich das irgendwann auch mal probiere. Reizen tut es mich jedenfalls.
Nun ja, für heute bin ich einfach nur froh, dass mein Bike unten auf mich wartet. Fertig bin ich, keine Frage.
Die technisch schwierigste Stelle der Tour habe ich beim Abstieg übrigens noch einmal abfotografiert, vielleicht hilft es dir ja bei der Einschätzung.
Als ich im bereits einsetzenden Zwielicht an den umherwuselnden Kühen vorbeisause notiere ich mir ein weiteres Mal im Geiste bei der nächsten Sonnenuntergangstour ein ordentliches Fahrradlicht mitzunehmen.
Und zum Schluss noch das kürzeste aller Fazits:
Zurückblickend war die Besteigung der Schreckenspitze wirklich eine wahnsinnig abwechslungs- und aussichtsreiche Feierabendtour, die ich in jedem Fall genauso wieder machen würde.
Was denkst du? Wäre das auch was für dich?
Hinterlasse gerne einen Kommentar!