Eigentlich war es heute ja schön angesagt.
Ein wenig zugig zwar, aber größtenteils sonnig. Auch der zähe morgendliche Nebel hätte sich im Laufe des Tages verrollen sollen. Aber wenn das Wetter im spätherbstlichen Bergland eines ist, dann ist es unberechenbar…
Um Mittag rum erreiche ich den Einstieg meiner heutigen Tour. Mein letzter großer Marsch in diesem Jahr. Die Mondscheinspitze soll es werden, eines der Highlights am wunderbaren Achensee.
[Wie du weißt, ist die Achenseeregion mein absolutes Lieblingstourengebiet. Einen kleinen Guide zu dieser Region werde ich mir im Frühjahr 2021 vornehmen.]
Eckdaten der Tour:
Gipfel: Mondscheinspitze (auch Montscheinspitze), Höhe: 2.106 m
Aufstieg: etwa 1.300 HM (Startpunkt Hagelhütten bei Hinterriß)
Schwierigkeit: T4+ (Alpinwandern), Kletterstellen: I bis II(-)
Einkehrmöglichkeit: Plumsjochhütte (1630 m)
Was ich zum Startzeitpunkt der Tour nicht wusste: Es sollte bei der Mondscheinspitze allein nicht bleiben! Dafür waren die Wetterbedingungen einfach zu spektakulär.
Aber dazu später mehr. Bleib’ also dran.
Viel Spaß beim Lesen!
1. Mondscheinspitze
Einige der Bäume am Wegesrand haben sich bereits goldbraun gefärbt. Der Wind ist heute unnachgiebig und lässt die Blätter tanzen. Ein Herbsttag wie aus dem Lehrbuch, und ich liebe diese Bedingungen. Abseits des Alltags und aller Pflichten. Momente sammeln. Das ist es, was wirklich zählt.
Der anfängliche Wegverlauf ist jedoch erst einmal wenig spektakulär. Möglichkeiten, dem tristen Fahrweg hinauf zur Plumsjochhütte zu entkommen, gibt es kaum. Land gewinnen, heißt also die Devise. Die Sache sportlich angehen.
Schon bald ist der Sattel erreicht. Die Plumsjochhütte ist in Sichtweite gerückt. Links von mir türmt sich das gewaltige Massiv der Bettlerkar- und Schaufelspitze auf. Zum Sonnjoch ist es auch nicht mehr weit. Rechts von mir mein weiterer Weg Richtung Mondscheinspitze. Und die Bäume verschwinden zusehends.
Die letzten 300 Höhenmeter geben der Tour erst die Würze, die sie so begehrt macht, wie sie derzeit ist. Bald wird Hand angelegt.
I gfrei mi!
Und das Beste: Keine Menschen. Nirgends warten, einfach sein Tempo gehen. Und das ist gar nicht so selbstverständlich in dieser Touristenregion.
Die Route an sich ist bestens gekennzeichnet und insgesamt etwas leichter, als ich es mir vorgestellt hatte. Die Tour können daher auch die “Normalos” unter uns gut bewältigen, die schon etwas Bergerfahrung mitbringen. Ein wenig Würze auf Tour schadet nie, und diese Tour ist definitiv sehr kurzweilig.
Der Gipfel ist bald erreicht. Aber von Wetterbesserung keine Spur. Von Norden her drückt sogar der Nebel weiter und immer weiter rein.
Bereits in einer halben Stunde werde ich vom Nebel vollständig verschluckt worden sein…
Ohne Anreise mit dem Auto kann die Mondscheinspitze übrigens auch hervorragend als Rundtour überschritten werden. Nach Nordosten hin führt der Weg in vergleichbarer Schwierigkeit steil hinunter zur Gernalm im Gerntal, einem der drei Haupttäler der Achenseeferienregion.
Ich steige jedoch wieder nach Süden ab.
Am Sattel angekommen gönne ich mir zur Stärkung erstmal eine ordentliche Jause in der Hütte. Ich verweile noch ein wenig, denn auf einen schönen Sonnenuntergang am Berg hätte ich heute ja eigentlich schon noch Lust.
Aber wird das Wetter mitspielen? Wird der Wind wirklich noch drehen und den Nebel wegpusten, so wie es vorhergesagt war?
2. Bettlerkar
Es ist mittlerweile 15:30 Uhr. Noch zwei Stunden bis zum Sonnenuntergang.
Was soll’s. Ich probiere es. Auf in die andere Richtung. Dem Bettlerkar entgegen. Bröselig, steil und schroff, so wie man es vom Karwendel kennt.
Bis zum Vorgipfel der Bettlerkarspitze (2190 m) ist ein neuer Weg angelegt und markiert worden. Der Hauptgipfel der Bettlerkarspitze (2268 m) mit anschließender ausgesetzter und natürlich unmarkierter Überschreitung des Grats zur Schaufelspitze (2306 m) scheint unter Profis eine sehr gehypte Variante zu sein, sein Können unter Beweis zu stellen. Für mich ist das sicherlich erst einmal nichts, aber anschauen will ich es mir liebend gern.
Und siehe da. Nach einer Weile schweißtreibenden Aufstiegs fängt der Nebel doch tatsächlich an, sich zu lichten. Immer wieder reißen Nebelfetzen ab. Blauer Himmel.
So gehört sich das!
Bis zum Sonnenuntergang ist es noch eine ganze Weile. Die Mondscheinspitze hat sich bereits aus dem Nebel gelöst, meine Route ist nun vollständig einsehbar. Ich nehme mir die Zeit, den heutigen Weg noch einmal Revue passieren zu lassen. Erstaunlich wie viel man zu Fuß dann doch immer schafft.
Obwohl der Hauptgipfel der Bettlerkarspitze in greifbarer Nähe scheint, steige ich nicht mehr weiter auf. Der Wind legt noch einmal ordentlich zu und der weitere Wegverlauf ist nur noch undeutlich zu erkennen. Immer mal wieder werde ich kurzzeitig vom Nebel verschluckt.
Ich mache noch einige Bilder und bin froh, die Kamera samt Objektiven letztendlich doch nicht “umsonst” mitgenommen zu haben.
Diese Schroffheit, diese Wände. Ich kann mich einfach nicht satt sehen. Das Karwendel ist einfach immer wieder der Kracher. Und das goldene Abendlicht der untergehenden Sonne trägt sein Übriges zum faszinierenden Ambiente bei.
Langsam aber sicher wird’s richtig kalt hier oben und ich packe mein Zeug zusammen.
Die Sonne ist bereits hinter den Wolken verschwunden, das war’s für heute mit dem Fotografieren.
Zügig mache ich mich an den Abstieg. Das Abfahren im karwendeltypischen Geröll ist immer wieder eine Gaudi. 25 Minuten später bin ich wieder am Sattel. Gerade rechtzeitig, als die Sonne ein letztes Mal durch die Wolken lugt.
Und das war’s auch schon wieder.
Ein Tag im herbstlichen Karwendel. Ein Tag abseits allen Stresses. Momente, an die ich mich mein Leben lang erinnern werde. Auf ein Wiedersehen, Mondscheinspitze!
Und besten Dank dafür!
Kommentare? Bitte immer gerne her damit!