Die Zugspitze. Der Berg mit zwei Gesichtern.
Kein anderer Gipfel in Deutschland ist das Ziel von so vielen Menschen und gleichzeitig doch so verschrien. Der Berg ist einfach ein Prestigeobjekt und jeder, der dort mit eigener Muskelkraft hinauf will, sollte auch wissen, dass er oben niemals wirklich Ruhe finden wird.
Die Zugspitze ist und bleibt halt doch die höchste Erhebung Deutschlands. Muss man sie dann als begeisterter Bergsportler nicht auch einmal im Leben selbst erklommen haben?
Auf jeden Fall sollte man das. Aber bloß nicht so wie es alle machen.
Hier muss der Weg das Ziel sein, nicht der Gipfel!
Denn die Landschaft um die Zugspitze herum ist so viel schöner, als der Gipfel selbst.
Mit dem Mountainbike zur Reintalangerhütte und zu Fuß weiter auf die Zugspitze. Das ist unsere Tour.
Macht die Tour selbst und erfahrt am eigenen Leib, was das wilde Reintal alles zu bieten hat!
Die Eckdaten unserer Tour auf die Zugspitze in aller Kürze:
Startpunkt: Parkplatz Olympia-Skistadion (760 m), Garmisch
Anspruch BIKE: S1-S2, anspruchsvoll, teilweise sehr steil und verblockt
Anspruch HIKE: T4, anspruchsvoll, leichter Klettersteig kurz vor dem Gipfel
Länge & Höhenmeter: 42,9 km, 2.250 HM im Auf- und Abstieg, ca. 10-12 Stunden
Einkehr & Übernachtung: Bockhütte, Reintalangerhütte, Knorrhütte, Münchner Haus
5. September 2020. Tag 1.
Das Wetter passt, und unsere Motivation ist unübertroffen. Dass es eine Spitzentour und eines der Highlights des außergewöhnlichen Jahres 2020 werden wird, ist uns schon jetzt klar. Auch wenn es zwischenzeitlich recht düster aussah, hat es mit der Übernachtung auf der Knorrhütte trotz Corona letztendlich doch noch geklappt und wir können die Tour so antreten, wie wir sie ursprünglich auch geplant hatten.
Es ist frühmorgens, die Luft angenehm frisch. Mit klobigen Bergstiefeln und prall gefüllten Rucksäcken schwingen wir uns auf die Bikes. Viele Leute sind noch nicht unterwegs. Also höchste Zeit aufzubrechen und Land zu gewinnen.
Angetrieben vom goldenen Morgenlicht gewinnen wir auf der asphaltierten Bergstraße schnell an Höhe. Die Klamm lassen wir links liegen, Räder sind dort natürlich verboten.
Auf einer Höhe von knapp 1000 m geht die Forststraße in einen schmaleren, geschotterten Weg über und das eher gemütliche Einfahren ist spätestens jetzt endgültig vorbei. Wurzeln und vereinzeltes Blockwerk deuten bereits an, auf was wir uns hier eingelassen haben. Noch hat der Trail aber S0-Charakter und zumindest bis zur idyllisch an der Partnach liegenden Bockhütte (1052 m) wird das auch so bleiben.
Ab hier wird der Trail insgesamt ruppiger und steilere Passagen im unangenehmen Schotter werden häufiger (größtenteils S1). Bis zur Reintalangerhütte (1369 m) brauchen wir mit Pausen und vereinzelten Schiebestrecken knappe 1,5 h. Aufpassen beim Zeitmanagement: Einzelne Passagen sind definitiv S2 und nur für geübte Biker zu schaffen.
Mehr zu den technischen Anforderungen der MTB-Tour kannst du zum Beispiel hier nachlesen.
Bei der mit bunten Fähnchen dekorierten Reintalangerhütte ist unser Fahrraddepot erreicht.
Nach einer heißen Schokri am “Lido” treten wir unser für heute letztes Teilstück bis zur Knorrhütte (2051 m) an.
Auch wenn es sich nach der langen Bikestrecke zu Fuß wieder einigermaßen frisch anfühlt: Die Beine sind schwer. Daran gibt’s einfach nichts zu rütteln. Knappe 700 HM haben wir bis jetzt hinter uns gebracht. Und weitere 680 HM folgen.
Der weitere Wegverlauf führt uns aus dem markanten Talkessel heraus und über eine Steilstufe hinauf bis zum Zugspitzplatt, einem der charakteristischsten Merkmale des ganzen Zugspitzmassivs. Einer endlosen grauen Felswüste, an derem Fuße die Knorrhütte liegt.
Unsere erste Etappe auf die Zugspitze haben wir in etwas über 6 Stunden hinter uns gebracht. Wir sind heilfroh, die Hütte noch vor dem heraufziehenden Gewitter erreicht zu haben und verbringen den restlichen Tag in gemütlicher Runde mit Spielen und reichlich Bier in der urigen Gaststube.
Tag 2: Gipfeltag.
Am nächsten Morgen erwartet uns dichter, nässender Nebel. Und den Prognosen zufolge soll es weiter zuziehen, ab Mittag ist sogar ergiebiger Dauerregen angesagt.
Die einstündige Startetappe bis zum Gletscherrestaurant Sonnalpin, der “Talstation” der Gipfelgondelbahn, eignet sich hervorragend zum Einlaufen. Anspruchsvoller wird es dann im Anschluss.
Kurz vor dem Restaurant rechtshaltend erreichen wir nach einer kurzen, ekligen Geröllpassage (ganz im Sinne von: zwei Schritte vor, einer zurück) den felsigen Gipfelgrat, auf dem zahlreiche Versicherungen bereits auf uns warten.
Sonderlich viel sehen tun wir nicht. Aber das braucht es auch nicht. Der Klettersteig macht Spaß, auch wenn er nicht besonders schwierig zu gehen ist. Hin und wieder reißen zu unserer Überraschung Wolkenfetzen ab und geben uns zumindest einen kurzen Blick auf den Gipfelaufbau frei.
Nachdem wir die Stelle passiert haben, an der linkerhand der Stopselzieher hinunter nach Garmisch abzweigt, geht alles plötzlich ganz schnell. Die Wolken verziehen sich, und der Himmel leuchtet strahlend blau über uns. Das hätten wir heute morgen niemals für möglich gehalten.
Spektakuläre Weit- und Tiefblicke eröffnen sich uns.
So wie hier, wenn die schroffen Felstürme des Wettersteinmassivs die dichte Wolkendecke durchbrechen:
(Die Szenerie erinnert mich unweigerlich an eine meiner aufregendsten Touren in Norwegen. Mehr dazu gibt’s hier.)
Die letzten Höhenmeter zum Gipfel sind nicht mehr wirklich anspruchsvoll.
Wir sind sowieso hauptsächlich mit Schauen und Fotografieren beschäftigt. Alles das nachholen, was wir heute Vormittag verpasst haben.
Von der sperrigen Bergstation des Münchner Hauses erreichen wir über eine weitere kurze Klettersteigpassage endlich das goldene Gipfelkreuz und gönnen uns erst einmal die wohlverdiente Stärkung in der wärmenden Mittagssonne.
Überraschenderweise hält sich der Menschenandrang für einen Sonntag im Herbst stark in Grenzen, sodass wir einen Großteil unserer Zeit nahezu alleine am Gipfel verbringen können.
Was für ein Wahnsinnstag!
Das hätte heute morgen keiner gedacht.
Langsam aber sicher zieht es wieder zu.
Wir legen den Turbo ein.
Hier ein kurzes Beweisvideo: Die rasante Abfahrt im Geröllfeld.
Eine nervige halbe Stunde hoch, weniger als 5 spaßige Minuten hinunter.
So lob ich mir das!
Pünktlich als wir die Bikes erreichen, fängt es das Regnen an. Wir treten in die Pedale und sind innerhalb nur weniger Minuten vollkommen durchnässt.
Zugegeben: So stellt man sich eine Abfahrt nicht unbedingt vor. Die Kleidung trieft, die Steine sind teils spiegelglatt.
Trotzdem, die Abfahrt macht einfach nur einen Heidenspaß. Normal kann doch jeder.
Was für eine Tour!
Bike & Hike-Touren sind genau dein Ding und du möchtest noch mehr Inspiration?
Dann schau dir doch auch mal diesen Klassiker an!
Ich freue mich auf dein Feedback!