Der Herbst 2021 ist wohl der Zeitpunkt, an dem ich den Wilden Kaiser endgültig als ambitioniertes Bergsportterrain für mich entdeckt habe. Einfachere, bekanntere Gipfel wie der Scheffauer oder die Goinger Halt und stillere, anspruchsvollere Ziele wie die Regalpwand oder die Überschreitung der Hackenköpfe glänzen mit den spannendsten Kraxelpassagen. Und das im wunderbaren, festen Fels.
Nachdem ich mich also die Wochen zuvor bereits auf die eine oder andere Solotour auf Scheffauer, Treffauer und Co. gewagt hatte, schrie das Wetter Ende November förmlich noch einmal danach, ein größeres Ding zu starten und das womöglich letzte nahezu schneefreie Wochenende der Saison für eine weitere alpine Unterfangung zu nutzen.
Und so ging es sich auch für Tobi gut aus, die Bergtour auf die Regalpwand mit mir durchzuziehen. Noch einmal eine gehörige Portion Herbstsonne zu tanken, während München und gefühlt auch der Rest von Deutschland unter zähem Nebel verborgen blieb.
Die Eckdaten der Tour auf die Regalpwand in aller Kürze:
Ziel: Regalpwand (2227 m), optional: Regalpspitze (2253 m), Törlwand
Start: Wochenbrunner Alm (1085 m), Ellmau am Wilden Kaiser
Anspruch: T5, II (Stelle), sonst I, sehr anspruchsvolle Bergtour
Länge & Höhenmeter: 10 km, 1142 HM im Auf- und Abstieg
Einkehr: Gaudeamushütte (1263 m)
Die Idee zur Besteigung der Regalpwand (die übrigens gerne auch Regalmwand bezeichnet wird) bekam ich durch die Lektüre des Bergführers “Felstouren im II. und III. Grad” von Stephan Baur und Thomas Otto, den ich hier noch einmal explizit erwähnen will. Einige der Eckdaten dieses Artikels stammen nämlich aus diesem Buch. Ein Buch, das ich nie mehr missen möchte!
Und so marschieren wir zur Mittagsstunde vom kostenpflichtigen Parkplatz der Wochenbrunner Alm im ambitionierten Tempo los in Richtung Gaudeamushütte, die wir nach weniger als einer halben Stunde erreichen. Wir müssen uns ein wenig sputen, denn der November besticht ja bekanntlich nicht unbedingt mit seiner Tageslänge. Den Sonnenuntergang im Fels wollen wir jedoch auf jeden Fall noch mitnehmen. Mittlerweile gehört das einfach immer irgendwie dazu.
Der weitere Weg in Richtung Baumgartenköpfl und der aussichtsreichen Felsformation “Wildererkanzel” ist einfach. Von dort führt uns der Gildensteig in sich nach und nach aufsteilendem Wiesen- und Schrofengelände in Richtung des kleinen Törls. Etwa hundert Höhenmeter vor diesem zweigen wir bei einem Wegweiser auf einen deutlich unscheinbareren Pfad nach Osten ab.
Nur wenige Minuten später erreichen wir die erste anspruchsvollere Stelle. Hier müssen wir aufgrund eines Altschneefeldes im unteren Bereich eine kurze Wand bei bröseliger Auflage queren.
Direkt im Anschluss eine kurze Felsrinne, I, die das erste Mal Handeinsatz verlangt.
Wenige Schritte später erreichen wir bereits die Schlüsselstelle der Tour.
Ein kurzes, einigermaßen griffarmes, Wandl, II, das dem erfahrenen Berggeher im Aufstieg jedoch keinerlei größere Schwierigkeiten bereiten sollte.
Da diese Stelle jedoch auch abgeklettert werden muss, weise ich darauf hin, dass hierfür der II. Grad nach UIAA beherrscht werden muss!
Leider ist der Anstieg nach dieser kurzen Klettereinlage bereits nach ein paar weiteren Schritte geschafft und die Regalpwand erreicht. Ein kleines Schild aus Eisen bestätigt, dass wir unser heutiges Ziel nicht verfehlt haben.
Bevor wir bei wunderbarstem Bergpanorama und untergehender Sonne ein wenig unsere Seele baumeln lassen, erkunden wir noch kurz den weiteren Weg zur Regalpspitze, der gemäß Bergführer ebenfalls mit Schwierigkeiten im II. Grad aufwartet, aber als “nicht lohnend” bezeichnet wird. Nach dem kurzen Gehstück am Grat, erkennen wir im ausgesetzten, steilen und äußerst bröseligen Gelände, warum dem so ist und brechen unsere Erkundung ab.
Nach der ausgedehnten Brotzeitpause bei immer noch erstaunlich milden Temperaturen, treten wir unseren Rückweg an. Die Bedingungen sind so fantastisch, wir können es kaum glauben.
Aber sieh selbst, eine kleine Auswahl der Bilder vom Abstieg:
Am Herrenstein (der im Winter gerne auch mit den Ski angesteuert wird) können wir nicht anders und machen noch ein kleines Sundowner-Shooting. Wie immer leistet mein Zeiss Batis 18 mm hervorragende Dienste.
Weiter im Text: Die Regalpwand und -spitze im letzten Licht der untergehenden Sonne.
Im Dämmerlicht marschieren wir dem Auto entgegen, keine Menschenseele ist unterwegs.
Um zum Schluss zu kommen, bleibt mir nicht mehr viel als eine absolut ernst gemeinte Empfehlung auszusprechen:
Wer im Stande ist, den Weg auf die Regalpwand samt den kurzen Kraxelstellen zu beschreiten, der wird mit einer der, wie ich finde, schönsten und abwechslungsreichsten Bergtouren in ganz Tirol belohnt. Eine Tour, die uns beiden, auch einfach wegen der unglaublichen Bedingungen, vermutlich für immer im Gedächtnis bleiben wird!
Du willst dich durch mehr Touren schmökern, bei denen kräftig handangelegt wird?
Dann wirst du sicherlich hier fündig. Oder du gehst direkt zu Teil 2 meines Berichts über unser spätherbstliches Kaiserwochenende.
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